Grenze zwischen Gut und Böse
Der Sage nach hatte der Teufel einst seinen Knechten befohlen, an der Grenze
seines Reiches und Einflussgebietes eine gewaltige Mauer zu errichten. Jedes
Mal aber, wenn in der Nacht das Werk vollendet war, brach bei Sonnenaufgang
ein Teil der Mauer wieder zusammen. Die Sonnenstrahlen waren stärker als die
Kräfte der Finsternis und des Bösen. Da erkannte der Teufel Zorn erfüllt,
dass seiner Macht Grenzen gesetzt waren. Wutentbrannt griff er einen
riesigen Felsbrocken und zerstörte damit das Mauerwerk weiter, so dass nur
noch ein Rest geblieben ist. |
Der Teufel
vom Blocksberg
Mit großer Sorge sah der Teufel vom „Blocksberg“
(Brocken) aus, wie in seinem Reiche Kirchen und Klöster errichtet wurden. Da
er befürchtete, hierdurch würde seine Macht gebrochen werden und die
heidnischen Opferstätten veröden, beschloss er, eine riesige Mauer um den
Harz zu bauen. Sein teuflisches Werk konnte jedoch nur im Schutz der Nacht
gelingen und musste bis zum ersten Hahnenschrei vollendet sein. Schon früh
auf den Beinen zum Markt nach Quedlinburg war eine Bäuerin mit ihren Waren
und einem Hahn im Korbe auf dem Rücken. Sie war verwundert, als sie auf
ihrem gewohnten Wege die gewaltige Mauer erblickte, erschrak und stürzte,
als sie den Teufel sah. Ebenso erschrocken war der Hahn im Korb und krähte
so laut er konnte. Der Teufel hörte den Hahnenschrei, glaubte deshalb, dass
die Nacht zu Ende sei und zerstörte vor Wut die Mauer. Deshalb entstand ihre
ungewöhnliche Form. |
Die Gegenstein bei Ballenstedt
Unweit Ballenstedt ragen zwei Felsen empor, welche die seltsame Bezeichnung
" der stumme und der laute Gegenstein" tragen. Jetzt sind sie beide stumm,
aber der laute Gegenstein hat einmal getobt, lauter als ein Mensch es vermag
und lauter, als man es hören mochte.
Das war so:
In Ballenstedt, welches früher ein kleines Dorf war, lebte ein bemittelter
Bauer; der war geizig über die Maßen und wenn er glaubte, einen Profit zu
machen, war ihm jedes Mittel recht. An einem schönen Sonntagmorgen ritt er
auf Quedlinburg zu, um dort in die Kirche zu gehen. Vor Tau und Tag war er
aufgestanden und hatte geschafft im Stall, Scheuer und Hof. Davon war er
müde geworden und statt den schönen Morgen zu genießen, schlief er auf
seinem Pferde ein. Plötzlich stand der Braune. Der Bauer erwachte, aber
alles Hüh und Hott brachte das Tier nicht wieder in Bewegung. Er stieg herab
und nun sah er zu seinem erstaunen, dass ihm die ganze Gegend fremd war. Nur
an den beiden Felsen erriet er, dass er in der Nähe der Gegensteine sei. Mit
Staunen jedoch bemerkte er an dem Felsen eine Tür. er ging herzu, öffnete
die Tür und sah, dass drinnen im Felsen eine Treppe abwärts in eine Höhle
führte. Unten aber gewahrte er einen Haufen Gold- und Silbergeld. Links
daneben lag eine silberne Peitsche, rechts eine riesiger Hund, der wütend zu
dem Bauer empor glotzte aus feurigen funkelnden Augen. " Ach was", dachte
der Bauer, "werde mich doch vor dem Hunde nicht fürchten!" ging hinunter und
holte sich die Tafeln voll Geld herauf, schüttete es aus und stieg noch
einmal hinab. Da knurrte der Hund leise und drohend, aber er ließ den Bauer
nehmen, soviel er mochte und damit hinauf klettern. Die Geldgier des Mannes
war aber so gewaltig gereizt, dass er sich nicht versagen konnte, zum
dritten male in die Höhle zu steigen. Diesmal knurrte der Hund lauter und
fletschte wütend die Zähne. Den Bauer gruselte es nun doch, denn solch
grässlichen Hund hatte er noch nie gesehen. Aber als er oben war, fiel ihm
die Peitsche ein. Die Peitsche im Stich lassen? Nein, da hätte er nicht
müssen solch ein Pferdenarr sein. Um die Peitsche müssten ihn alle Leute
beneiden, meinte er und stieg wieder herab. Auch die Peitsche ließ ihn der
Hund nehmen, als aber der Bauer Miene machte, sich noch einmal die Taschen
voll Geld zu stopfen, da erhob der Hund ein rasendes Geheul; die Felswände
erzitterten und Feuergarben zuckten aus des Riesenhundes Rachen und Augen.
Dazu bebte der Boden unter den Füßen des Mannes und er hörte ein Poltern,
Krachen und Brüllen, dass ihm Hören und Sehen verging. Wie er hinaufgekommen
war, wusste er nicht. Er fand sich am Boden liegend in der nähe der
Gegensteine und neben ihm stand sein Brauner. Es war zu schrecklich gewesen,
um das Erlebte für Wahrheit zu halten, aber - die silberne Peitsche, die er
in der Hand hielt, belehrte ihn, dass er nicht bloß geträumt hatte. Mühsam
stieg er auf sein Pferd und ritt nach Hause. Dort legte er sich, und acht
Tage darauf war er tot. |